Was bedeutet das Mercosur Freihandelsabkommen für die EU-Landwirtschaft
In der letzten Woche gab es unteranderem in Belgien, Deutschland und weiteren EU-Ländern erneute Demonstrationen von Landwirten. Diese versammelten sich, aufgrund der Finalisierung des geplanten Freihandelsabkommens zwischen der EU und den südamerikanischen Mercosur-Staaten (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay).
Was ist das Mercosur Freihandelsabkommen und wie ist der aktuelle Stand?
Das Abkommen würde eine der weltweit größten Freihandelszonen schaffen und sieht laut EU-Präsidentin Ursulua von der Leyer „primär vor Zölle abzubauen und den Handel dadurch anzukurbeln“. Die ersten Verhandlungen hierzu haben vor 25 Jahren begonnen, und 2019 kam es bereits zu einer Grundsatzeinigung. Doch der Deal wurde von EU-Ländern wie Frankreich, Niederlande und Polen kritisiert, so dass es jahrelange Nachverhandlungen gab.
„Nach einer Einigung und Abschluss der formaljuristischen Prüfung wird das Abkommen in die europäischen Amtssprachen übersetzt und dem Rat der Europäischen Union und dem Europäischen Parlament zur Zustimmung vorgelegt. Stimmen diese zu, kann der Ratifizierungsprozess starten. Im Rahmen der Ratifizierung müssen alle nationalen Parlamente dem Abkommen zustimmen“ heißt es beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK – Assoziierungsabkommen zwischen der EU und den MERCOSUR-Staaten). Demnach ist es nun zwar zu einem politischen Abschluss der Verhandlungen gekommen, das Abkommen muss aber noch einige Hürden nehmen, um in Kraft zu treten.
Welche Befürchtungen haben die Landwirte in der EU?
Viele europäische Landwirte befürchten eine Flut von Importen aus Südamerika, insbesondere von Fleisch, Soja und Zucker. Die Mercosur-Staaten verfügen über riesige landwirtschaftliche Flächen und geringere Produktionskosten, was ihnen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnte. Europäische Landwirte, die oft höheren Umwelt- und Sozialstandards unterliegen, könnten demnach Schwierigkeiten haben, mit diesen Preisen zu konkurrieren.
Ein weiterer Kritikpunkt der Landwirte betrifft die Umweltauflagen. Die EU legt großen Wert auf nachhaltige Landwirtschaft und Klimaschutz und hiesige Landwirte müssen hierfür immer mehr Auflagen erfüllen, während in den Mercosur-Staaten häufig Land gerodet wird, um Anbauflächen zu schaffen. Kritiker warnen, dass das Abkommen zu einer weiteren Entwaldung, insbesondere im Amazonasgebiet, beitragen könnte.
Andererseits kann das Abkommen europäischen Landwirten auch neue Exportmöglichkeiten eröffnen und die EU ist sehr stark Export orientiert. Europäische Agrarprodukte wie Wein, Käse und Olivenöl könnten leichter Zugang zu den Mercosur-Märkten erhalten, da Zölle auf diese Produkte reduziert oder abgeschafft werden. Dies könnte insbesondere spezialisierten Betrieben zugutekommen, die hochwertige Produkte exportieren. Die Entwaldungsverordnung der EU könnte jedoch brasilianische Exporteure belasten und die Vorteile für europäische Landwirte relativieren.
Und wie wird mit diesen Bedenken umgegangen?
Das BMWK versichert, dass es klare Regeln für Importen geben soll und nur Produkte, die den strengen EU-Vorschriften entsprechen, importiert werden dürfen. Zusätzlich können bilaterale Schutzklauseln aktiv werden, um bei plötzlichen Importanstiegen wirtschaftliche Nachteile abzufedern. Für Landwirte bleibt jedoch die Frage offen, ob ein diskutierter Ausgleichsfonds tatsächlich umgesetzt wird. Zudem soll es konkret vereinbarte Importkontingente für sensible Produkte wie Rindfleisch, Geflügel, Zucker und Ethanol geben.
Das Mercosur-Abkommen enthält Regelungen zum Umweltschutz, darunter die Verpflichtung zur Umsetzung internationaler Abkommen wie des Pariser Klimaabkommens, Maßnahmen gegen Entwaldung, Förderung nachhaltiger Landwirtschaft und Investitionen in erneuerbare Energien. Transparenzmechanismen und die Einbindung der Zivilgesellschaft sollen die Einhaltung der Standards sicherstellen. Beide Seiten verpflichten sich, Umweltauflagen nicht zugunsten wirtschaftlicher Vorteile zu senken.
Das Thema bleibt dennoch kontrovers und die finale Entscheidung bisher offen….
Kritiker bemängeln die mangelhafte Kontrolle, insbesondere bei der Bekämpfung illegaler Abholzung im Amazonasgebiet. Der Erfolg der Umweltschutzmaßnahmen hängt maßgeblich von ihrer konsequenten Umsetzung und Überwachung ab. Auch für die EU-Landwirtschaft ist es entscheidend, dass das Abkommen strikte Regeln für Umwelt- und Sozialstandards enthält. Zudem könnten Ausgleichsmaßnahmen notwendig sein, um europäische Landwirte vor unfairem Wettbewerb zu schützen. Für die Landwirtschaft ist die Herausforderung klar: Innovation und Nachhaltigkeit werden entscheidend sein, um im globalen Wettbewerb zu bestehen.