Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Bio-Lebensmitteln – Wie kommt es dazu und was wird dagegen getan?
Bio-Lebensmittel stehen für Nachhaltigkeit, Umweltfreundlichkeit und eine möglichst natürliche Herstellung. Die EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau verbieten den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und schreiben klare Produktionsmethoden vor. Trotzdem zeigt sich bei Laboranalysen gelegentlich, dass auch in Bio-Produkten Spuren solcher Stoffe gefunden werden.
Wie gelangen diese Rückstände in ökologische Lebensmittel, obwohl deren Einsatz strikt verboten ist? Und welche Maßnahmen ergreift die Branche, um solche Kontaminationen zu vermeiden?
Die Tatsache, dass Bio-Lebensmittel nicht durch das Einhalten bestimmter Rückstandshöchstgrenzen, sondern durch ihre Produktionsweise definiert werden, zeigt bereits: Die völlige Abwesenheit von Pestizidrückständen kann nicht garantiert werden. Doch wie können Rückstände in Bio-Produkten überhaupt entstehen?
1. Abdrift von benachbarten Feldern
Ein häufiges Problem ist die Abdrift, also das unbeabsichtigte Verwehen von Pflanzenschutzmitteln durch Wind. Wenn ein konventioneller Landwirt in der Nähe eines Bio-Betriebs Spritzmittel ausbringt, können kleinste Partikel durch Luftbewegungen auf Bio-Kulturen gelangen. Besonders problematisch sind hierbei leichtflüchtige Substanzen oder Spritzmittel, die bei windigem Wetter ausgebracht werden.
2. Ubiquitäre Umweltbelastung
Bestimmte Pflanzenschutzmitteöl sind so langlebig, dass sie noch Jahre oder Jahrzehnte nach ihrem Verbot in der Umwelt nachweisbar sind. Besonders chlororganische Verbindungen wie Lindan sind dafür bekannt. Diese Stoffe können: Im Boden verbleiben und von Pflanzen aufgenommen werden, Über das Wasser verbreitet werden und so in landwirtschaftliche Bewässerungssysteme gelangen.
Bio-Betriebe, die auf ehemaligen konventionellen Flächen wirtschaften, sind hiervon besonders betroffen. Regelmäßige Bodenanalysen und Standortwahl sind daher entscheidende Faktoren, um eine Belastung zu vermeiden.
3. Kreuzkontamination bei Lagerung und Transport
Ein weiteres Risiko besteht in der Verarbeitung und Logistik. Bio- und konventionelle Produkte müssen strikt getrennt werden, doch in manchen Fällen kann es durch:
Gemeinsame Transportwege, Lagerung in denselben Hallen, Verunreinigte Maschinen in Verarbeitungsbetrieben zu unbeabsichtigten Kontaminationen kommen.
Daher sind klare Trennkonzepte und sorgfältige Reinigung der Maschinen und Lagerflächen notwendig. Unternehmen setzen auf umfassende Qualitätssicherungssysteme, um Risiken zu minimieren.
4. Unzulässige Anwendung durch Fehler oder Betrug
Obwohl sehr selten, gibt es auch Fälle, in denen nicht zugelassene Pflanzenschutzmittel in Bio-Betrieben eingesetzt wurden – sei es durch Unwissenheit oder bewusste Regelverstöße.
In der Regel fallen solche Verstöße bei den strengen Kontrollen schnell auf. Bio-Betriebe unterliegen jährlichen, oft auch unangekündigten Inspektionen durch staatlich anerkannte Kontrollstellen.
Wie wird sichergestellt, dass Bio-Produkte möglichst rückstandsfrei sind?
Da sich Bio-Produkte nicht über Grenzwerte, sondern über ihren Produktionsprozess definieren, müssen Bio-Betriebe eine Vielzahl an Maßnahmen ergreifen, um Rückstände zu minimieren.
Gesetzliche Vorschriften und Qualitätssicherung
Die Verordnung (EG) Nr. 889/2008 sowie die ab 2022 gültige Verordnung (EG) Nr. 2018/848 verpflichten jedes Unternehmen im Bio-Sektor, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um das Risiko einer Kontamination zu minimieren. Dazu gehören: Vorkehrungen zur Trennung von konventionellen und Bio-Produkten während Lagerung und Transport, Eigenkontrollen, die regelmäßig Proben von Rohwaren nehmen und auf Rückstände analysieren, Präventionsmaßnahmen gegen Abdrift, etwa durch Pufferzonen oder Zusammenarbeit mit benachbarten Landwirten.
Der BNN-Orientierungswert als Richtlinie
Da es in der EU-Verordnung keine festen Grenzwerte für Pestizidrückstände in Bio-Produkten gibt, hat der Bundesverband Naturkost Naturwaren e.V. (BNN) den BNN-Orientierungswert eingeführt.
Dieser besagt: Maximal 0,01 mg/kg für jede nachgewiesene Substanz im unverarbeiteten Produkt. Insgesamt dürfen nicht mehr als zwei Pestizide nachgewiesen werden. Falls dieser Wert überschritten wird, ist eine Untersuchung erforderlich, um die Ursache festzustellen.
Der BNN-Orientierungswert dient nicht als offizieller Grenzwert, sondern als Maßstab zur Beurteilung von Rückstandsfunden.
Was können Verbraucher tun?
Verbraucher, die sicherstellen möchten, dass ihre Bio-Produkte möglichst rückstandsfrei sind, können auf folgende Punkte achten:
- Zertifizierte Bio-Siegel bevorzugen – EU-Bio-Siegel, Bioland, Demeter und Naturland haben besonders hohe Standards.
- Regionale Bio-Produkte wählen – Sie haben kürzere Transportwege und oft striktere Qualitätskontrollen.